Univ. Prof. Dr. Karl Zweymüller


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Die Zweymüller- Hüftendoprothese
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Anwendungsbereich

 

Die Zweymüller-Hüftendoprothese

Ausgangspunkt dieser Entwicklung war die Habilitationsschrift über die zementfreie Verankerung von Implantaten aus dem Jahre 1978 (Knochen- und Gelenkersatz mit Biokeramischen Endoprothesen, Facultas-Verlag, Wien 1978),aufgrund derer Einladungen von zwei Schweizer Firmen erfolgten, als medizinischer Autor für ein neu zu entwickelndes zementfreies Hüftendoprothesensystem zu arbeiten. Im Rahmen dieser Entwicklungstätigkeit fand dieses Hüftendoprothesensystem, welches erstmalig am 5. Oktober 1979 implantiert wurde, bald ein relativ großes nationales und internationales Interesse. Anfang Jänner 1991 wurde dann als sichtbares Zeichen des Erfolges bei Sulzer in Winterthur die Herstellung der 100.000 Zweymüller Hüftendoprothese feierlich begangen. Bis heute wurden etwa 1 Million der Hüftendoprothesenschäfte aus Titanlegierung und etwa 500.000 der Schraubpfannen aus Reintitan weltweit, vor allem aber in Europa implantiert.

Die Abbildung 1 zeigt den Zweymüller-Hüftprothesenschaft aus einer Titan-Schmiedelegierung zur Verankerung ohne Knochenzement. Dieser Schaft war - ebenso wie dessen Weiterentwicklung (Abb. 4,7) - ein konischer Geradschaft mit rechteckigem Querschnitt. Somit ist das Verankerungsprinzip seit mittlerweile mehr als 33 Jahren unverändert geblieben

                                                                                        
 
            Abb. 1a: Schaft der 1 Generation (1979)          Die rechteckigen Querschnitte des Implantates sind dargestellt

Schäfte der 1.Generation (1979-1986) 
                           
Abb. 1b: Prothesenschäfte der 1. Generation (1979 bis 1986) mit Keramikkugel, 32 mm Durchmesser.
Von Anfang an wurde die Keramikkugel als Gleitpartner verwendet.


                          
Abb. 2: Röntgenbild einer zementfrei implantierten Schaftprothese der 1. Generation 27 Jahre nach der Operation; stabile Verhältnisse des Implantates im Knochen.


 
Abb. 3
: Ein Querschnitt durch den Oberschenkelknochen und die Prothese zeigt, dass ein Implantat mit rechteckigem Querschnitt absolut rotationsstabil zu verankern ist und ferner den Markraum nicht vollständig ausfüllt.
Dadurch bleiben Teile der inneren Blutgefäßversorgung erhalten, was für das Einheilen des Implantates durch neugebildetes Knochengewebe von großer Bedeutung ist.

Weiterentwicklung des Schaftsystems

1986 wird der SL-Schaft eingeführt. SL im Sinne von "Stufenlos" oder "Stepless". Mit zunehmender Prothesengröße nimmt sowohl die Länge, als auch die Dicke des Schaftes zu. Durch diese Maßnahme vereinfacht sich die Implantation signifikant und auch die Verankerung im Knochen und somit die Primärstabilität des Schaftes wird verbessert. Diese Schäfte stellen somit die 2. Generation der Implantate dar (Abb. 4,5)

                          

Abb. 4: Darstellung der Schäfte der 2. Generation.
1986 bis 1992: Alloclassic, ab 1992 SL-PLUS

                          
Abb. 5: Schaft der 2. Generation (SL-PLUS) am Röntgenbild.



Abb. 6: Die Entwicklung der SL-Schaftgeneration
stellte den Durchbruch zu einer weiten Verbreitung des Systems in Europa dar.
Das Bild zeigt die Schaftprothese Nr. 100.000, hergestellt bei Sulzer, Winterthur, Schweiz im Jannuar 1991.
 

Bis jetzt wurden mehr als 1 Million des SL Alloclassic sowie des SL- PLUS Schaftes implantiert.

                          
1979                                                                    2012
Abb. 7: Das Konstruktions- und Verankerungsprinzip ist seit 33 Jahren unverändert:
es handelt sich nach wie vor um einen konischen Gerad-Schaft mit rechteckigem Querschnitt.

 

Eine weitere Entwicklung stellt der MIA-Schaft zur knochenschonenderen Implantation dar (Abb. 8). Dieser Schaft bleibt ebenso wie die früheren dem Konstruktions- und Verankerungsprinzip treu. Es wurde lediglich zum Zwecke der gewebeschonenden Präparation und Implantation ein Teil der Prothesenschulter reduziert. Damit ist aber auch gewährleistet, dass sowohl das Konstruktionsprinzip als auch die Stabilität der Prothesen unverändert erhalten bleiben.

                           

Abb. 8
MIA-Schaft. Der obere Teil der Prothesenschulter ist gegenüber dem SL-PLUS Schaft reduziert.
Das Konstruktions- und Verankerungsprinzip wurde unverändert beibehalten.

2003 wurde zur Versorgung von Hüften mit speziellen anatomischen Gegebenheiten der lateralisierende Schaft zusätzlich eingeführt. Dieser Schaft verfügt über eine größere Halslänge sowie einen geänderten Schenkelhals-Schaftwinkel. (Abb. 9, Abb. 10, Abb. 11, Abb. 12)



Abb. 9a
SL-PLUS® Schaft

 


Abb. 9b
SL-PLUS® Schaft, lateralisierend, mit längerer, modifizierter Halspartie, für spezielle Indikationen z.B. nach Voroperationen
 

1986

1993

2003

 

Bei dem im Jahre 2003 eingeführten lateralisierten SL-Plus Schaft wurde der Hals - Schaftwinkel von 131° auf 123° reduziert.




Abb. 10: Grafische Darstellung des lateralisierten SL Schaftes (rot) vs. Standard SL Schaft (grün)
Bei der Schaftgröße 6 und der 28 mm Kugel mit mittlerer Halslänge beträgt das zusätzliche Offset 7,0 mm bei gleicher Beinlänge.
 

Fallbeispiel



Das Bild zeigt eine 54 jährige Patientin mit schwerer beidseitiger Coxarthrose, Zustand nach Chiari- Beckenosteotomie



Die rechte Hüfte (links im Bild) wurde durch einen lateralisierenden Schaft ersetzt, links wurde der
Standard Schaft verwendet.
Die Abstände zwischen Becken und Oberschenkelknochen sind in gleicher Weise wiederhergestellt.
Röntgen 3 Jahre postoperativ.

 

Die SL-PLUS Familie

(Abb. 11)

SL-PLUS Standard                                               SL-PLUS Lateral

                    
unbeschichtet               HA-beschichtet                    unbeschichtet                 HA-beschichtet

Abb. 11: Die SL-PLUS Familie. Die Standardschäfte sowie die lateralisierenden Schäfte sind dargestellt. Beide Schäfte gibt es unbeschichtet und Hydroxylapatit-beschichtet. (siehe "Möglichkeiten zur Verbesserung der Osseointegration")

Die SL-PLUS Familie
Der SL-MIA Schaft

(Abb. 12)
SL-MIA Standard                                                     SL-MIA Lateral
                    
   unbeschichtet                 HA-beschichtet               unbeschichtet                 HA-beschichtet

Abb. 12: Die SL-PLUS Familie. Die MIA-Schäfte "standard" sowie "lateralisierend" sind dargestellt. Auch bei diesen Schäften gibt es eine unbeschichtete sowie eine Hydroxylapatit-beschichtete Variante (siehe "Möglichkeiten zur Verbesserung der Osseointegration")

 

Entwicklung der Pfanne

1985 wurde von Professor Zweymüller eine knochenzement-
frei zu implantierende konische Titaniumschraubpfanne mit der Firma Sulzer, Schweiz, entwickelt
(Alloclassic-Pfanne, Abb. 13).


Abb. 13a
Durchgehend konische Schraubpfanne aus Reintitan mit Polyäthyleneinsatz (Alloclassic-Pfanne, 1985)

 
Abb. 13b
Alloclassic-Pfanne (oben) mit Polyäthyleninlay (unten)

1992 erfolgte die Weiterentwicklung dieser Pfanne mit der Firma PLUS Orthopedics. Diese, nun doppelkonisch geformte (biconische) Pfanne besteht ebenfalls aus Reintitan (Abb. 14) und wird in die präparierte knöcherne Gelenkspfanne eingeschraubt. Es resultiert eine stabile Implantation unter Vorspannung.

Von der Bicon-Pfanne sind 9 verschiedene Größen verfügbar. Unter diesen wählt der Operateur wiederum die geeignetste für den jeweiligen Patienten während der Operation aus. Es gibt weiters eine Pfanne vom "Standardtyp" für den normalen, harten Knochen (Abb. 14a), sowie eine Pfanne vom "Porosetyp" für den weichen, porotischen Knochen (Abb. 14b). Etwa 500.000 dieser Bicon Pfannen wurden bisher implantiert.

Zusammen mit 14 Schaftgrößen sowie 3 Standardhalslängen stellt dieses System somit ein Baukastensystem dar, mit dem eine große Zahl von Kombinationsmöglichkeiten gegeben ist.


Abb. 14a
Bikonische Pfanne vom Standardtyp. Zum Unterschied zur früheren Pfanne verfügt diese auch über einen stirnseitigen Konus sowie schärfer schneidende Gewindelamellen.


Abb. 14b
Bikonische Pfanne vom Porosetyp. Diese verfügt über größere Gewindelamellen (plus 46%) im Vergleich zum Standardtyp.


Abb. 14c
Blick auf die Innenseite der Pfanne, welche 3 Öffnungen aufweist. Diese dienen zur Orientierung während des Einschraubvorganges sowie auch für eventuelle Knocheneinbringungen, z.B. bei Austauschoperationen.


Abb. 14d
Diese Sektoren werden nach beendeter Implantation geschlossen, um sicher zu stellen, dass das dann eingebrachte Polyäthyleninlay keinen Kontakt zum umgebenden Knochen vorfindet. Auch das kleine zentrale Bohrloch wird dann geschlossen

 

Gleitflächen

Große Bedeutung muss heute den artikulierenden Oberflächen (Gleitpartnern) zugeschrieben werden. Der Abrieb zwischen künstlicher Gelenkskugel und dem Einsatz in der Pfanne entscheidet über den Langzeiterfolg des Implantates. Dabei sind sowohl die Menge als auch die biologische Verträglichkeit des Abriebmaterials entscheidend. Das heute überwiegend verwendete Material als Einsatz in der Metallpfanne ist nach wie vor das hochdichte Polyäthylen (Abb. 15, 16).

Für die Zweymüller-Hüftendoprothese wurde seit 1979 eine Keramikkugel aus Al2O3 (Aluminiumoxid) mit einem Polyäthyleninlay als Gleitpartner verwendet (Abb. 15). Der dabei zu erwartende Abrieb des Polyäthyleninlays beträgt nur 0,05 bis 0,1 mm pro Jahr. Man kann deshalb mit mindestens 15 Jahren guter Gelenksfunktion bei dieser Kombination rechnen. Ein abgeriebenes Polyäthyleninlay lässt sich  ferner in den allermeisten Fällen problemlos wechseln. Es laufen auch klinische Studien mit einem verbesserten, hochvernetzten Polyäthylen (cross-linked PE), von dem eine neuerliche Reduktion des Abriebes erwartet werden kann.


Abb. 15
Schaft der ersten Generation mit Keramikkugel, welche gegen Polyäthylen läuft.

 
Abb. 16
SL-Plus Schaft mit Keramikkugel und Bicon-Pfanne. In der Pfannenschale befindet sich das Polyäthyleninlay zur Artikulation mit der Keramikkugel

Seit 1998 ist bei der Zweymüller-Hüftendoprothese auch eine Keramik-Keramik-Kombination verfügbar (Abb. 17). Der Abrieb der artikulierenden Keramikteile beträgt nur 3-5 µm (3-5 Tausendstel Millimeter) pro Jahr. Der Keramikabrieb ist ferner gut körperverträglich. Diese Kombination wird deshalb bei jüngeren Patienten (unter 65 Jahren) vermehrt angewandt.


Abb. 17
Keramikkugel mit Keramikinlay, welches in das Polyäthyleninlay eingebettet ist (Sandwichkonstruktion)

Der Aufbau dieser Konstruktion ist auch in Abb. 18 ersichtlich. Polyäthyleninlay und Keramikinlay werden stabil in der Titaniumpfanne verankert. Nur diese hat somit Kontakt zum körpereigenen Knochengewebe.

 a)                    b)
Abb. 18
a) Keramikkugel, Pfanneninlay aus Polyäthylen mit Keramikgleitfläche (Sandwichkonstruktion) sowie Bicon-Pfanne, in die das Inlay eingebracht wird. b) Aufbau der einzelnen Teile (von oben nach unten): Titanpfanne, Pfanneninlay aus Polyäthylen mit Keramikauskleidung, Keramikkugel und Titanschaft

 

Biologische Verankerung im Knochen

Der SL-PLUS® Schaft besteht aus einer geschmiedeten Titan-Aluminium-Niobium-Legierung (Ti6Al7Nb). Die Pfanne ist aus Reintitan gefertigt. Titan wird vom Körper akzeptiert und vom körpereigenen Knochengewebe gut eingebaut (osseointegriert). Man spricht deshalb von biologischer Verankerung (Literaturnachweis: Zweymüller K., Lintner F., Semlitsch M.: Biologic fixation of a press-fit titanium hip joint endoprosthesis. Clinical Orthopaedics and Related Research 235: 195-206, 1988) (Abb. 19 - 21). Allergien gegen Titan sind nicht bekannt. Demgegenüber stellt die Verwendung von Knochenzementen (Acrylharzen) eine rein mechanische Verankerung dar und führt zur massiven Beeinträchtigung der Blutgefäßversorgung des Markraumes des Oberschenkelknochens.


Abb. 19
Querschnitt durch einen Titanschaft (Ti) und den umgebenden Oberschenkelknochen. Dieser umwächst das Implantat in direktem Kontakt: das Titan wird vom Knochen osseointegriert (mehrere Jahre postoperativ)


Abb. 20
Oberfläche eines explantierten Titanschaftes (Ti) mit darauf angewachsenem, neu gebildetem Knochengewebe (B)


Abb. 21
Biologische Verankerung einer Pfanne: links die rauhe Titanoberfläche (Ti), rechts der aufgewachsene Knochen (B)

Auch bei der Titanpfanne kann somit eine ähnliche Einbautendenz durch körpereigenes Knochengewebe wie beim Schaft gesehen werden.
 

Bleibt diese Osseointegration über Jahre bestehen? Die folgenden Bilder illustrieren dies. Abb. 22a und b zeigen das Präparatröntgen einer 83-jährigen Patientin, welche 20,7 Jahre nach Implantation des Titaniumschaftes verstorben ist. Es finden sich stabile Verhältnisse. Die Abbildungen c und d zeigen, dass das Implantat (Ti) stabil im umgebenden Knochen verankert ist (Dünnschliffpräparate Prof. Dr. F. Lintner, Pathologie, Otto-Wagner-Spital). Dies bedeutet, dass die Osseointegration auch beim alten und sehr alten Menschen auch noch nach vielen Jahren funktioniert.

 

                          
Abb. 22a                                                          Abb. 22b

 

                                    
Abb. 22c                                                          Abb. 22d

 

Möglichkeiten zur Verbesserung der Osseointegration 
 

Dazu wird die Beschichtung des oberen Drittels
der Prothesenschäfte mit einer knochenähnlichen Substanz, dem Hydroxylapatit (HA) verwendet (Abb. 23)

                          
Abb. 23a                                                                                     Abb. 23b

die Aufbringung des HA erfolgt heute im modernen VPS-Verfahren (Vakuumplasmaspritzen), Abb.24


Abb. 24

Durch diese Beschichtung bildet sich bereits in kürzester Zeit an der Prothesenoberfläche neues Knochengewebe (Abb. 25)

                          
Abb. 25a                                                                  Abb. 25b

Das Bild zeigt die Oberfläche eines nach 4 Wochen entfernten Prothesenschaftes bei einem 80-jährigen Patienten.
Am Hydroxylapatit finden sich zahlreiche weißliche Formationen, welche neugebildetem Knochengewebe entsprechen Diese Befunde lassen darauf schließen, dass der Einbau der Prothese durch körpereigenes Knochengewebe im Rahmen der postoperativen Phase bei beschichteten Prothesen rascher und intensiver erfolgt als bei unbeschichteten. 

 

Verwendung der Zweymüller-Hüftendoprothese

Jährlich werden in den folgenden Ländern etwa 50.000 Schäfte und
20.000 Pfannen des Zweymüller-Hüftendoprothesensystems implantiert:

Australien
China
Deutschland
England
Frankreich
Griechenland
Holland
Iran
Italien
Indien
Indonesien
Japan
Korea
Kuwait
Lettland
Malaysia
Norwegen
Österreich
Russland
Schweden
Schweiz
Slowakei
Slowenien
Spanien
Sri Lanka
Südafrika
Tschechien
Türkei
USA